“Familienalltag in den 30-er Jahren: Berlin und Moskau im
Vergleich”
Versuch der
Projektausarbeitung
Von
Dr.T.Timofeewa
1.Zusammenfassung.
Das Thema “Familienalltag in der
Zeit des Totalitarismus” ist ein wichtiger Teil der Untersuchung des globalen Modernisierungsprozesses der
Familie im XX. Jahrhundert, und zwar unter dem besonderen Einfluss totalitaerer
Regime. Die Familie als Kernzelle jeder Gesellschaft widerspiegelt und zeigt
die Wirkung aller Versuche der ideologischen Einmischung in den menschlichen
Bewusstsein und den Alltag. Von der anderer Seite ist der Wandel der Familie
immer eine Folge nicht nur des ideologischen, sondern des allgemeinen sozialen
und oekonomischen Wandels. Es steht auch eigentlich außer Frage, dass die
Transformationsprozesse bei Familien in Grossstaedten und insbesondere in den
Hauptstaedten sehr von den Besonderheiten eines Megapolis gepraegt wurden. Die
Metropolen im XX. Jahrhundert wurden Labors fuer die Ausarbeitung der Strategie
der Massenpolitik seitens der totalitaeren Maechte.
Die Entwicklung des
Familienalltags im Totalitarismus hat Auswirkungen bis auf den heutigen Tag,
die davon abhängig sind, wie stark (schwach) die Persoenlichkeit gegen die
Einfuerung der totalitaeren Ideologie geschuetzt war und welche
gesellschaftlichen Folgen das in der Nachkriegszeit hatte. Man darf nicht
vergessen: Kinder, die in den 30-er Jahren erzogen wurden, den Krieg gesehen
und ueberlebt haben - genau diese Kinder wurden zum aktivsten Teil der
Produktionsbevoelkerung nach dem Krieg. Welche Eindruecke sie als Kinder in den
Familien bekommen und weitergeleitet haben, welche Formen des Familien- und
gesellschaftlichen Lebens sich in ihrem Bewusstsein verwurzelt haben (in
zustimmender oder ablehnender Haltung) - all das hatte doch tiefste Folgen
für den Prozess der Entstehung der Demokratie in Deutschland und fuer die
Erhaltung des Bolschewikenregimes in der Sowjetunion. Der militärische
Sieg oder die Niederlage allein koennen in diesem Prozess nicht alles
erklaeren.
Die Untersuchung betrachtet die
Familie als ein Systembegriff und vereinigt die Analyse der sozialen
Beziehungen, der Auswirkungen der materiellen und geistlichen Kultur der
Gesellschaft und der neuen, „modernen“, vom Totalitarismus hineingebrachten
Tendenzen. Im Zentrum stehen aber die Familienmitglieder als
Persoehnlichkeiten, ihren Umgang mit den Veraenderungen des Alltagslebens, ihre
Versuche, sich anzupassen oder ihnen zu entgehen. Von diesem Standpunkt
ausgehend, scheinen die Methoden von „oral history“ als eine der wichtigsten,
sie koennen das „Zeitgefuehl“ fuer die Forschung bringen. Ausserdem sei es zu
erwaehnen, dass die Zahl der Zeitzeugen, die sich an diese Zeit bewusst
erinnern koennen, immer weniger wird. Die 30-er Jahre des XX. Jahrhunderts sind
leider schon die Jahre der letzten Zeitzeugen. In Bezug auf die
Alltagsgeschichte und das Familienleben sind die zeitgenoessischen Interviews
und Erinnerungen besonders wichtig. Ohne entsprechende Erklaerungen ist es auch
manchmal kompliziert, die Besonderheiten und Details in der Haltung der Leute
und in den schriftlichen Quellen aus heutiger Sicht richtig einzuschaetzen.
Die Untersuchung eines so vielen
Leuten nahestehenden Themas koennte nicht nur einen gewissen Beitrag zu einer
der am meisten tragischen und nachwirkenden Seiten der modernen Geschichte
loesen, sondern es wuerde bestimmt fuer die breite Oeffentlichkeit, besonders
fuer Jugendliche, die wegen des Fehlens
der persoenlichen Erlebnisse gegen den Totalitarismus nicht geimpft sind,
interessant und nuetzlich sein.
2. Darstellung des Projekts.
2.1. Zielsetzung.
Der Schwerpunkt der Forschung
liegt bei der Einschaetzung, wie tief das private Familienleben vom Staat und
der totalitaeren Ideologie beeinflusst und bestimmt wurde, welche
Veraenderungen im Familienalltag erkennbar sind und welchen Zielen und Folgen -
der Erhaltung der persoenlichen Freiheit und dem inneren Widerstand oder
umgekehrt der Erziehung des “neuen Menschen” und der Verwurzelung der
propagandistischen Muster im Bewusstsein - es am meisten diente. Man kann hier
auch verschiedene soziologische Fragen ueber die moegliche Beschleunigung der
Transformation traditioneller Familienformen und -beziehungen oder ueber das
Scheitern des möglicherweise letzten Versuchs, die Frauen mit allen Mitteln
zurueck ins Hause zu draengen, um sich ausschliesslich dem Leben ihrer Maenner
und der Kindererziehung zu widmen, stellen.
Es scheint richtig zu sein, die
Untersuchung in einen theoretischen Teil und einen empirischen Teil zu
gliedern. Im theoretischen Teil sind zwei Aspekte zu betrachten: erstens die
Evolution der Familie im Totalitarismus und zweitens die Rolle von
Hauptstaedten als Zentren der industriellen Modernisierung und der totalitaeren
Staatsmacht bei der Prägung der Lebensformen. Unter Hinzuziehung von
vorliegenden Forschungsergebnissen sind dabei folgende Fragen genauer
auszuwerten:
·die Besonderheiten der Familienstruktur in Hauptstaedten in den 30-er
Jahren
· die Veraenderungen der Familienformen
·die Bekaempfung von Liebe und Gefuehlen als Familienkern von seiten der
Staatsmacht und ihre Ersetzung durch rassenhygienische oder genossenschaftliche
Vorstellungen, die Unterschiebung der emotionalen Welt der Persoehnlichkeit
· die Wurzeln der Grossstadtfeindlichkeit der Nazis sowie die
Gegenueberstellung der buergerlichen, sich aufloesenden Familie und der
Bauernfamilie
· die von den Bolschewiken im Gegensatz zur nationalsozialistischen
Ideologie propagierte berufliche Emanzipation der Frauen und Maedchen
· die Rolle der “Macht der Autoritaet” und der Gehorsamkeit innerhalb der
Familie und die Behinderung der Entfaltung der Persönlichkei sowie die
Projizierung dieses Modells auf die Gesellschaft, das Dilemma „Autoritaet –
Individualitaet“
· Kontinuitaeten und Brueche im Verhältnis zu den neuen Tendenzen der
20-er Jahre
· die Veraenderungen in den Zielen des Familienlebens
· Familie als Ziel und Instrument der politischen Manipulationen
· die moeglichst fruehe Entfernung der Kinder aus der Familie und ihre
gesellschaftliche Erziehung (im Rahmen der Betrachtung der neuen Erziehungs-
und Geschlechterrollenkonzeptionen)
· die Stimulierung der Distanz (bis zum voelligen Verzicht) von der Kirche -
frueher eines der strukturierenden Hauptelemente des Familienalltags - und ihre
Auswirkungen
Die genannten Themenkreise werden
im historischen Vergleich vermutlich für beide Regime nur auf den ersten
Blick viele Gemeinsamkeiten aufweisen, bei detaillierten Untersuchungen jedoch
auf Unterschiede stoßen.
Der empirische Teil der Arbeit
sollte den Fragenkomplex “Familie in der Hauptstadt” umfassen. Hier sind alle
moeglichen statistischen Daten heranzuziehen (obwohl die Methodik und die
Grundlagen der Statistik in Deutschland und in der UdSSR verschieden waren),
wie z. B. über die Anzahl der Familien - absolut und prozentual zu den
Einwohnern beider Städte und der einzelnen Bezirke berechnet -, über
die Familiengroeße, das Alter bei der Eheschliessung, die
Einkommensverteilung, die Nationalitaetenaufteilung usw. Notwendig ist hier die
Konzentration auf bestimmte Berufsgruppen oder genau definierte soziale Gruppen
– die Ausarbeitung der sogenannten „sozialen Profilen“. Am interessantesten
waere hier wahrscheinlich nicht die Arbeiterschaft, deren Familienwandel zum
Teil bereits untersucht wurde und auch nicht die Eliten, die durch ihre
Position keinen großen Spielraum bei der Wahl ihrer Lebensform hatten,
sondern die “mittlere” Schicht, wie z. B. Intellektuelle (Dozenten, Aerzte,
Lehrer), Angestellte, Vertreter des mittleren Militaer- und
Staatssicherheitsapparates, die sog. “Selbststaendigen”, kleine Unternehmer
usw. Bei der Auswahl der Untersuchungsgruppen müssen die verschiedenen
Eigentumsformen und der Lebensstandard in beiden Hauptstaedten sowie die Rolle
von Migrationsprozessen z.B. der sowjetischen Landbevoelkerung nach Moskau in
den 20-er und 30-er Jahren berücksichtigt werden.
Die Untersuchung des Alltags im
Familienleben dieser ausgewählten Gruppen soll den Kern des vergleichend
angelegten Forschungsprojektes ausmachen. Die zentralen Fragenkomplexe sind:
· Motive und Ziele der Eheschliessung (als noch erhaltene Hauptform der
Familie)
· Beginn des gemeinsamen Haushalts, die materiellen Grundlagen
· neue Tendenzen in der Frauenrolle, Erfolg oder Misserfolg der staatlichen
Propaganda und Politik
· Varianten der Generationsbeziehungen (Grosseltern - Eltern - Kinder), die
Bedeutung der Verwandschaft, Hierarchie in der Familie
· Familienereignisse und Feiern (Geburt und Erziehung der Kinder,
Familienfeste, Rituale und Geschenkpraxen, religioese und staatliche Feiern,
Familientraditionen, Freizeit (Rolle des Kinobesuchs), Hobbys)
· die Rolle von Massenorganisationen im Familienalltag, „Politisierung“ des
Familienlebens, das Verhaeltniss zur Arbeitsdienstpflicht in Deutschland und zu
den Fabrik-Werks-Schulen (FSU) in der Sowjetunion
· Integrationsprozess ins System, Familie als moeglicher Ort des inneren
Widerstandes oder des Konformismus, interne Familienkonflikte
· Ehescheidung: Gründe
2.2. Forschungsstand.
Es ist festzustellen, dass trotz
einer Menge an Arbeiten zum Themenkreis “Alltagsgeschichte im Totalitarismus”
und eines fortbestehenden wissenschaftlichen Interesses weiterhin Luecken
existieren. Der Familienalltag in den Hauptstaedten des Totalitarismus in den
30-er Jahren ist bis jetzt weitgehend unerforscht.
In Deutschland sind die
bisherigen Forschungen auf diesem Gebiet erstaunlicherweise selten und zu
einseitig. Sie untersuchen entweder nur die Ideologie und die Familienpolitik
der totalitaeren Maechte oder aber nur das Alltagsleben einzelner Sozialgruppen
wie z. B. der Frauen, der Jugendlichen, der Arbeiter im allgemeinen. Die
großstaedtische Familie ist als soziologische Einheit in dem hier
interessierenden historischen Kontext bis jetzt kaum Untersuchungsgegenstand
gewesen. Die meisten Artikel und Monographien zum Thema sind nicht wenigstens
eine Rekonstruktion des Alltags im allgemeinen aus der Sicht der Beteiligten,
sondern Untersuchungen der Struktur der Massenorganisationen und
sozialpolitischer Maßnahmen oder ideologischer Dogmen. Als ein
klassisches Beispiel ist das Buch von H.Focke/U.Reimer “Alltag unter
Hakenkreuz. Wie die Nazis das Leben der Deutschen veraenderten” zu erwaehnen
(hier und weiter – siehe Anhang, Literaturliste). Es gibt auch eine Reihe gute
Regional- und Lokalstudien zur Alltagsgeschichte, dazu sind die bekannten Werke
von L.Niethammer zu zaehlen. Er konzentrierte sich aber auf das Ruhrgebiet.
Über den Berliner Alltag vor
dem Zweiten Weltkrieg im allgemeinen existiert eine Studie (G.Kiersch), die
jedoch auf die private Familiensphaere fast nicht eingeht und mit ihrem reichen
Fotomaterial eher populaerwissenschaftlich ist. Die Geschichte der
verschiedenen Bezirke Grossberlins in der Zeit des Nationalsozialismus
(ueberwiegend in den Kriegsjahren) spiegelte sich auch in einer Reihe von
Projekten wider. Schwerpunkte hier sind Widerstand, Judenverfolgung und
Judenalltag, Kriegserlebnisse und Zusammenbruch des Hitlerfaschismus,
Frauenleben, Kindheit, die nationalsozialistische Gestaltung der Schule, Leben
der Zwangsarbeiter. Manchmal kommen auch Familienleben und Familienalltag in
Betracht (“Das war’ ne ganz geschlossene Gesellschaft hier”. Der Lindenhof:
Eine Genossenschafts- Siedlung in der Grossstadt. Hrsg. von der Berliner
Geschichtswerkstatt. Berlin, 1987), die Grundlage der Darstellungen bilden teilweise die wertvollen Interviews
und Erinnerungen der Zeitzeugen, teilweise die Ortsdokumente und Fotos. Im
Prinzip sind die meisten dieser Buecher und Broschueren eher Quellenausgaben
fuer Ortsgeschichte als analytische Untersuchungen, aber man kann nicht ausser
Acht lassen, dass in Berlin (genauso wie in Moskau) die Gruppen der
Enthusiasten und Initiativen (z.B. Berliner Geschichtswerkstatt) bestehen, die
sich mit der Geschichte ihrer Bezirke aktiv beschaeftigen, eine gewisse
Erfahrung haben und fuer das Projekt zu gewinnen sind.
Der Forschungsstand in Russland
ist auf diesem Gebiet noch niedriger, man kann aber eine Reihe von Arbeiten in
der naehsten Zeit auf Grund des grossen wissenschaftlichen Interesses erwarten.
Die einzelnen methodologischen Untersuchungen des Alltags in der Stalin-Zeit
sind schon vorhanden (Normy i tzennosti powsednewnoi schisni. SPb, 2000. –
Normen und Werte des Alltags. SPb, 2000). Es gibt bereits Versuche, den Alltag
in Grossstaedten (eine erste Studie ist zu Leningrad in den 30-er Jahren mit
Unterstuetzung einer finnischen wissenschaftlichen Stiftung und als Ergebnis
des gemeinsamen Projekts entstanden – N.B.Lebina. Normy i anomalii. Powsednewnaja
schisn‘ sowetskogo goroda. 1920/1930 gody. Sankt-Peterburg, “Letnij sad”,
1999 – N.B.Lebina. Normen und Anomalien. Alltagsleben der sowjetischen Stadt.
1920/1930 Jahre) zu rekonstruieren, aber es fehlt auch hier die analytische Beschreibung der
Besonderheiten des Familienalltags in den Zentren des Totalitarismus. Was den historischen Vergleich im Bereich der
Alltagsgeschichte in den Grossstaedten betrifft, ist dieses Aspekt bisher
ueberhaupt kaum in Frage gekommen.
Die bisherigen
Forschungsergebnisse müßten auch daraufhin untersucht werden,
inwieweit sie Antworten für die Sicht der Beteiligten selbst bieten. Dabei
sollte berücksichtigt werden, daß es eine Diskrepanz zwischen der
staatlichen Propaganda und der tatsächlichen Richtung der
familienpolitischen Maßnahmen gab.
2.3. Arbeitsprogramm, Quellen und
Methoden.
Chronologisch soll das Projekt
die 30-er Jahre (1929-1939 fuer Moskau und 1933-1939 fuer Berlin) umfassen. Als
Quellen dienen in erster Reihe die Erinnerungen von Zeitzeugen
(veroeffentlichte Memoiren, Manuskripte und vor allem muendliche Interviews),
Tagebuecher, Albums, Gaestebuecher, Familiennachlaesse (einschliesslich
Haushaltsbuecher, Wandzeitungen, Postkarten und Briefe), Fotos, verschiedene
Bestaende der lokalen Bezirksarchive und Museen, Berichte der Staatssicherheit,
Zeitungen und Zeitschriften (darunter auch Boulevard- und
Unterhaltungsausgaben), Gegenstände des Alltagslebens. Das Hauptproblem hier
ist die Zersplitterung der Quellen.
Fuer den deutschen Teil kann man
zuerst die Akten des Landesarchivs Berlin nennen (Akten der Staatsanwaltschaft
beim Landgericht Berlin, Polizeitaetigkeitsbuecher der verschiedenen Reviere,
Akten des Generalbauinspektors, Akten des Versorgungsamtes, der Bezirksaemter,
Frauenverbaende und –vereine, Privatnachlaesse, Karten und Plaene, Zeitungen,
darunter: Berliner Volks-Zeitung, Germania, Gemeinnuetziger
Anzeiger/Rixdorfer/Neukoellnische Zeitung, Rixdorfer/Neukoellner Tageblatt,
Berliner Illustrierte Zeitung, Berliner Tageblatt, Berliner Lokal-Anzeiger, BZ
am Mittag, Berliner Morgenpost, Voelkischer Beobachter, Judische Rundschau, Der
Angriff usw.). Fuer die Einschaetzung der den Familienalltag betreffenden
Taetigkeit der Staatsaemter und –einrichtungen sind auch die Bestaende des
Bundesarchivs durchzusehen. Voraussichtlich waeren auch die Akten und Fotos aus
-
Berlin Document Center,
-
dem Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz,
-
dem Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrum,
-
der Zentraleinrichtung zur Foerderung von Frauenstudien und Frauenforschung
bei der Freien Universitaet Berlin,
-
dem Geheimen Staatsarchiv PK,
-
dem Paedagogischen Zentrum,
-
Ullstein GmbH. Bilderdienst,
-
dem Werkbund-Archiv e.V. Museum füer Alltagskultur des 20.
Jahrhunderts
auch interessant.
In Moskau sind in der ersten Reihe die
Bestaende
-
des Staatlichen Archivs der Russischen Foederation (GARF) - Abteilung der
Sondersammlungen, Fonds vom Hauptamt
der Statistik, des Ausbildungsministeriums, des Gesundheitsministeriums usw.,
-
des Staatlichen Archivs der Kinofotodokumente,
-
des gewerkschaftlichen Archivs,
-
der Moskauer Gebiets- und Stadtarchive (der zentrale Moskauer
Munizipalarchiv, der zentrale historische Archiv von Moskau, der zentrale
Archiv der Gesellschaftsbewegungen in Moskau u.a.),
-
des Sonderarchivs (fuer den deutschen Teil),
-
des KGB-Archivs,
-
des Staatlichen Archivs fuer die sozial-politischen Geschichte (RGASPI,
“Partei-Archiv”)
zu benutzen. Man kann
auch auf die Unterstuetzung der “Memorial”-Gesellschaft, die sich bemueht, die
Alltagsgeschichte der 30-er Jahren zu rekonstruieren und viel Arbeit nicht nur
im Gebiet der Stalin-Repressionen schon geleistet hat, rechnen. Im Zentrum der
Quellensuche sollen auch verschiedene Bestaende des “Narodnyj Archivs” (des
“Volksarchivs”) sein. Die interessantesten Fonds dieses von einer Gruppe der
Fachleute seit kurzem gegruendeten Archivs sind in der Abteilung der
persoehnlichen Fonds und Sammlungen vereinigt. Ausserdem gibt es in diesem
Archiv eine grosse Reihe der Dokumenten der gesellschaftlichen Organisationen,
Vereinigungen und Bewegungen der sowjetischen Zeit in Moskau, die fast voellig
noch nicht untersucht sind.
Der Kern der Quellen
sollen aber voraussichtlich einerseits die Interviews, andererseits die
verschiedenen Dokumente der Heimatmuseen und –archive bilden. Die Mitarbeiter
dieser Einrichtungen beschaeftigen sich oft mit Projekten im Bereich der
Alltagsgeschichte (z.B. Dr.habil.H.Mueller, Heimatarchiv Reinickendorf zu
Berlin).
Quellenmaessig und methodisch soll das
gesamte Projekt sich ueberwiegend auf die Methoden von “oral history” stuetzen.
Den entsprechenden Interviews mit den Zeitzeugen und ihrer korrekten
wissenschaftlichen Einschaetzung soll man ein grosses Wert liegen. Dazu sind
aus den methodologischen Gruenden die psychoanalytischen Werke, z.B. von
E.Fromm, nicht zu vernachlaessigen.
Eine grosse Rolle spielt dabei auch die
biographische Forschung. Man kann hier parallel zu Interviews die schriftlichen
Erinnerungen und anderen Quellen benutzen.
Es sei auch die modernen ethnologischen (volkskundlichen) Konzeptionen
ueber die Familie im XX. Jahrhundert, die kulturwissenschaftlichen Theorien und
die gegenwaertige Lebensstilforschung zu betrachten.
2.4. Erwartete Ergebnisse.
Eine der moeglichen Ergebnisse könnte eine wissenschaftliche
Monographie und eine Dokumentenausgabe sein. Denkbar wäre auch eine
Fotoausstellung mit Fotos aus
Privatarchiven. Sie würde die Forschungsergebnisse einer breiteren
Öffentlichkeit näherbringen. Das alles würde dem weiteren
Verstaendnis und dem Umdenken in der Geschichte unserer Voelker dienen.
Beispiele
Beck J. (Hg.) Terror und Hoffnung
in Deutschland 1933-1945. Leben im Faschismus. Frankfurt am Main, 1980
Berlekampf B., Roehr W. (Hrsg.)
Terror, Herrschaft und Alltag im Nationalsozialismus. Muenster, 1995.
Beyrau D. (Hrsg.) Im Dschungel
der Macht. Intellektuelle Professionen unter Stalin und Hitler. Goettingen und
Zuerich, 2000.
Doucet F.W. Im Bann des Mythos.
Die Psychologie des Dritten Reiches. Esslingen, 1979.
Engelmann B. Wie wir die Nazizeit
erlebten. Goettingen, 1993.
Focke H/Reimer U. Alltag unterm
Hakenkreuz. Wie die Nazis das Leben der Deutschen veraenderten. Reinbek, 1979.
Grube F./Richter G. Alltag im
Dritten Reich. So lebten die Deutschen 1933-1945. Hamburg, 1982.
Grunberger R. Das zwoelfjaehrige
Reich. Der deutsche Alltag unter Hitler. Muenchen/Wien, 1972.
Jacobeit S./Jacobeit W.
Illustrierte Alltags- und Sozialgeschichte Deutschlands 1900-1945. Muenster,
1995.
Peukert D./Reulecke J (Hg.) Die
Reihen fast geschlossen. Beitraege zur Geschichte des Alltags unterm Nationalsozialismus.
Wuppertal, 1981.
Kuczynski J. Geschichte des
Alltags des deutschen Volkes. Bd. 5: 1918-1945. Koeln, 1982.
Luedtke A. Die Praxis von
Herrschaft. Zur Analyse von Hinnehmen und Mitmachen im deutschen Faschismus, in
BD 4 (1993), Nr. 5, 23-34.
Mommsen H/Willems S. (Hg.)
Herrschaftsalltag im Dritten Reich. Studien und Texte. Duesseldorf, 1988.
Pentzlin H. Die Deutschen im
Dritten Reich. Nationalsozialisten, Mitlaeufer, Gegner. Stuttgart, 1985.
Ruhl K.-J. Brauner Alltag.
1933-1939 in Deutschland (Fotografierte Zeitgeschichte). Duesseldorf, 1981.
Sieder R. Sozialgeschichte der
Familie. Frankfurt, 1987.
Weber-Kellermann I. Die Familie.
Frankfurt am Main, 1990.
Regional- und Lokalstudien.
Alltag im Nationalsozialismus der Stadt Eschwege. Giessen, 1982.
Angermair E./Haerendel U.
Inszenierter Alltag. “Volksgemeinschaft” im nationalsozialistischen Muenchen
1933-1945. Muenchen, 1993.
Bruns M. u.a. (Hg.) “Hier war
doch alles nicht so schlimm”. Wie die Nazis in Hamburg den Alltag eroberten.
Hamburg, 1984.
Niethammer L. (Hg.) “Die Jahre
weiss man nicht, wo man die Leute hinsetzen soll”. Faschismuserfahrungen im
Ruhrgebiet. Berlin/Bonn, 1986
Steinbach L. Ein Volk, ein Reich,
ein Glaube? Ehemalige Nationalsozialisten und Zeitzeugen berichten ueber ihr
Leben im Dritten Reich. Berlin/Bonn, 1983
Wippermann W. Das Leben in
Frankfurt zur Nazi-Zeit. Frankfurt, 1986
Kiersch G. u.a. Berliner Alltag
im Dritten Reich. Duesseldorf, 1981
“Machtergreifung”. Berlin 1933.
Burkert H.-N., Matussek K., Wippermann
W. (Hrsg.) Berlin, 1982
“...und manchmal gabs ooch
Wurstbruehe”. Brauner Alltag 1933-1945.
Koepenicker erinnern sich. Hrsg. vom Bund der Antifaschisten Koepenick
e.V. und vom tausendfuessler e.V. – Vereinigung Fraueninitiativen und
Sozialprojekte Koepenick. Berlin, 1997
Kreuzberg 1933. Ein Bezirk
erinnert sich (Zusammenstellung der Ausstellungen). Tammen W u. Tebbe K. (Red.)
Berlin, 1983
Leben in Schoeneberg/Friedenau
1933-1945. Hrsg. von G.Wenzel. Berlin, 1987
“Schon damals fingen viele an zu
schweigen...” Quellensammlung zur Geschichte Charlottenburgs von 1933-1945.
Hrsg. von Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg. Berlin, 1986.
Wilmersdorf. Alltag und
Widerstand im Faschismus. Dimitrijevic P. (Verfasser) u.a. Berlin, 1986
“Das war‘ ne ganz geschlossene
Gesellschaft hier”. Der Lindenhof: Eine Genossenschaftssiedlung in der
Grossstadt. Hrsg. von der Berliner Geschichtswerkstatt. Berlin, 1987
Die Rote Insel.
Berlin-Schoeneberg. Bruchstuecke zu einer Stadtgeschichte. Hrsg. von der
Berliner Geschichtswerkstatt. Berlin, 1987
Berlin-Wilmersdorf. Verfolgung
und Widerstand 1933-1945. Christoffel U. und von der Lieth E. (Hrsg.) Berlin,
1996
Schmargendorf. Arbeitskreis
Geschichte Wilmersdorf (Hrsg.) Berlin, 2000
Goos M., Heyde B. Eichkampf. Eine
Siedlung am Rande mitten in Berlin. Berlin, 1999
Steglitz im Dritten Reich.
Beitraege zur Geschichte des Nationalsozialismus in Steglitz. Hrsg. vom
Bezirksamt Steglitz von Berlin. Berlin, 1992
“Wer sich nicht erinnern will...”
Kiezgeschichte – Berlin 1933. Hrsg. von Arbeitsgruppe “Kiezgeschichte – Berlin
1933”. Berlin, 1983.
Jahresbuch fuer Sozialgeschichte. M., 1999, 2000.
Zuravlev S. Malenkie ljudi i bolschaja
istorija. Inostranzy elektrozawoda. M., 2000. – Zuravlev S. Die kleinen Leute
und die grosse Geschichte. Die Auslaender an einem Elektrowerk. M., 2000.
Lebina N.B. Normy i anomalii.
Posednewnaja schizn‘ sowetskogo goroda.
1920-1930
gody. SPb, 1999. – Lebina N.B. Normen und anomalien. Alltagsleben einer
sowjetischen Stadt. 1920-1930 Jahre. SPb, 1999.
Normy i zennosti powsednewnoj
schisni. Sbornik statej. SPb, 2000. – Normen und Werte des Alltagslebens. Artikelsammlung. SPb,
2000.
Obschestwo i wlast‘. Tridzatye
gody. Sbornik
dokumentow. M., 2000. – Gesellschaft und Macht. Die dreissigen Jahre.
Dokumentenausgabe. M., 2000.
Osokina E. Za kulisami
stalinskogo isobilija. M., 1998. – Osokina E. Hinter den Kulissen der
stalinischen Reichtums. M., 1998.